ephemeropteræ 2017/#3 – Josef Penninger | Markus Reymann | Peter Zinovieff

Der Vortrag des renommierten österreichischen Molekularbiologen und Genetikers Josef Penninger, einer der wissenschaftlichen Begleiter der Dardanella Expedition nach Französisch Polynesien kreist um Hunderte Millionen Jahre Evolution, die in einer schier unglaublichen Diversität und Vielfalt von Leben auf unserem Planeten resultieren. Neue transformative Werkzeuge, die für das Genome Editing verfügbar sind, in Kombination mit Stammzellen als erneuerbare Quelle aller Organe und die Schaffung von Organmodellen aus geneditierten Stammzellen geben nie dagewesene Einblicke in den Lebensprozess. Gleichzeitig ist es möglich, aktiv alle Gene eines Organismus zu ändern.

TBA21–Academy Direktor Markus Reymann übernimmt die Rolle eines aktiven „Zwischendurch-Redners“. Mit seinen pointierten Fragestellungen und Überleitungen unterstreicht er die Bedeutung der Academy als Initiatorin, Produzentin und Stimme einer beweglichen Plattform an Bord des Forschungsschiffs Dardanella. TBA21–Academy hat sich der Erforschung und Erhaltung maritimer Lebensräume durch Wissenschaftler_innen und andere Expert_innen verschrieben und fördert Kooperationen mit Künstler_innen. Dabei geht es um flexible Brücken zwischen und innerhalb von Disziplinen sowie geo-/ökopolitischer Territorien. Reymann legt dar, wie diese Prozesse organisiert, wechselseitig übersetzt, vermittelt, moderiert und weiter dynamisiert werden, um ihre volle Komplexität zu entfalten. Mit Josef Penninger diskutiert er zu Aspekten der Meeresbiologie, insbesondere auf dem Gebiet der Extremophilen.

Die erweiterte Computerarbeit  „South Pacific Migration Party“ entstand in enger Zusammenarbeit zwischen Peter Zinovieff und dem Kurator und Soundkünstler Andrew Spyrou, der sie im Auftrag der Association for Depth Sound Recordings kommissionierte und konzipierte. Als einzige Soundquelle dienen Hydrophonaufnahmen von Blauwalen, die von der Meeresforscherin Susie Buchan vor der Küste Chiles aufgenommen wurden. Anders als bei Buckelwalen bestehen die Gesänge der Blauwale aus wiederholten niederfrequenten Vibrationen, die mit hochfrequenten Rufen kontrastieren. Durch Veränderungen und Manipulationen der Sounddaten schuf Zinovieff eine eindringliche Klangkulisse, die uns das komplexe Kommunikationssystem der größten Geschöpfe unseres Planeten näherbringt. Die Komposition aus fünf ausgedehnten, in vielfachen Schichten sich überlagernden Sätzen wurde für eine multiräumliche Klangumgebung konzipiert.


Josef Penninger studierte Medizin und Kunstgeschichte in Innsbruck. Von 1990 bis 1994 arbeitete er als Post-Doktorand am Ontario Cancer Institute, danach bis 2003 als Forschungsleiter am Amgen Research Institute/University of Toronto. Seit 2003 ist er Wissenschaftlicher Direktor am IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) in Wien. Penninger ist Professor am Institut für Immunologie und medizinische Biophysik, University of Toronto, Kanada, Professor für Genetik, Universität Wien, und Professor an der Peking Union Medical College/Chinese Academy of Medical Sciences, China .

Markus Reymann mitgründete die TBA21–Academy, die er seit Beginn leitet. Seit Juli 2011 initiierte und führte er zahlreiche Academy-Expeditionen, die Künstler_innen, Wissenschaftler_innen und Denker_innen einladen, die Meere zu erforschen. Im Kontext von COP21 präsentierte Reymann im Dezember 2015 das Academy-Programm The Current, das ins Leben gerufen wurde, um die dringendsten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen der Gegenwart zu untersuchen. Mit ihren Expeditionen auf Land und auf Wasser erfindet die TBA21–Academy die Explorationskultur im 21. Jahrhundert neu.

Peter Zinovieff ist ein legendärer englisch-russischer Soundrevolutionär, der Erfinder des Synthesizers und der Sampling-Technik, der Urvater der elektronischen Musik, Produzent und Organisator. Für TBA21 schrieb er als Auftragsarbeiten die Kompositionen „Bridges to Somewhere and Another to Somewhere Else” für Matthew Ritchies Installation The Morning Line (2010) und „Good Morning Ludwig” für ein Soundprojekt im ZKM 2011.