Fünf Monate nach der Eröffnung der gemeinsamen Ausstellung
Ernesto Neto und die Huni Kuin: Aru Kuxipa | Sacred Secret, wurden Ernesto Neto und eine dritte Gruppe von Huni Kuin aus Jordão nach Wien eingeladen, um die Ausstellung ein letztes Mal zu beleben, zu huldigen und gleichzeitig auch die Transformationen in
NixiForestKupiXawa, diesem besonderen Ort der Zusammenkunft, fortzuführen.
Dieser sich ausbreitende und immersive Raum, der die Form der
Kupixawa (oder
maloca) annimmt, wurde in insgesamt drei Phasen belebt und bewohnt: Zu Beginn eröffnete eine Delegation von Ältesten und
Pajés (Schamanen) die Ausstellung im frühen Sommer; eine zweite Gruppe von Jugendlichen füllte den Raum rund um den Begriff
Xina Bena, diskutierte über politische, ökologische, spirituelle und kulturelle Herausforderungen und Erneuerungen ihres Volkes im 21. Jahrhundert, und vertieften so die Begegnungsprozesse und das gegenseitige Lernen im September; als dritte Gruppe geben nun
Txana Bane,
Leopardo Yawa Bane,
Tadeu Siã und
Ayani Huni Kuineine weiteres und letztes Mal Gelegenheit ihre reichhaltigen Traditionen und spezifischen Ansichten auf die Welt und das Universum kennenzulernen und greifen in der gegenwärtigen Situation tiefgreifender Revisionsprozesse und Krise, fruchtbare Schnittpunkte zwischen Kosmovision und Politik auf.
Dieses finale Programm schafft Verdingungen zwischen der Reihe von Aktivierungen in und um den Augarten und der Klimakonferenz COP21 in Paris, wo die Huni Kuin, unterstützt von Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, in einigen ausschlaggebenden Veranstaltungen und somit Ansatzpunkten für indigene Ontologie, Kosmosvisionen und Stimmen in ein neuartiges planetarisches Verständnis teilnehmen.
Tadeu Siã, Ayani, Txana Bane und Leopardo Yawa Bane widmen diesen performativen Nachmittag einer Vielzahl von Gesängen und Tänzen, die von den Huni Kuin aufgeführt werden. Dabei werden sie ihre besondere Bedeutung innerhalb ihrer anzestralen Tradition und Geschichten in generationsübergreifenden Überlieferungen und zeitgenössischen Transformationen untersuchen.
Heilung, Kurieren und Schutz nehmen unterschiedliche Formen an und umfassen eine Vielzahl von Pflanzen sowie Gesänge und Körperbemalungen mit aus den Pflanzen Annatto und Genipapo hergestellter Tinte, mit der heilige geometrische Muster auf die Haut aufgetragen werden.
Tadeu Siã und Ayani stellen die Kunst des Genipapo und die unterschiedlichen Bedeutungen von Heilmitteln, Anwendungen und Verfahrensweisen vor, die Beziehungen zwischen Personen, Gemeinschaften, Natur, Tieren und dem Wald ausdrücken und ordnen.
Dieser Film folgt Maria Ayani, Zezinho Yubes Mutter, bei der Suche nach den heiligen geometrischen Mustern und dem verlorenem Wissen, das vergangene Verluste und zukünftige Herausforderungen öffnet, um anzestrale Traditionen in generationenübergreifenden Weitergaben zu sichern.
Tadeu Siã und Ayani bieten einen Einblick in ihre umfassenden Heiltraditionen und legen ihren Fokus dabei auf nixi pae (ayahuasca), Schamanismus, Heilmittel des Waldes, ihrem Verständnis von Heilung und Behandlung und die Bedeutung von Una Isï Kayawa (“Buch der Heilung”). Das Buch wurde vom Pajé Agosthino Ĩka Muru, Vater von Tadeu Sia und Ayani, im Traum empfangen; er hat das heilige Wissen der Huni Kuin über medizinische Pflanzen über 30 Jahre dokumentiert, um es für zukünftige Generationen zu bewahren.
Zezinho Yubes Film, dessen Titel sich mit “Ich habe mich bereits in ein Bild verwandelt” übersetzen lässt, wurde 2015 im Rahmen der Berlin Biennale präsentiert. Der Film erzählt in fünf Etappen von der Geschichte der Hni Kuinund deren kulturelles Wiederaufleben.
Von ihrer offiziellen Teilnahme an der UNESCO Konferenz “Resilience in a time of uncertainty: Indigenous Peoples and Climate Change” (“Widerstand in einer Zeit der Unsicherheit: Indigene Völker und Klimawandel”), die im Zuge der COP21 Klimakonferenz zwischen dem 26. und 27. November stattfindet, zurückkehrend, berichten Txana Bane und Leopardo Yawa Bane über ihre Erfahrungen von dieser bahnbrechenden Bestrebung, indigenen Wissenssystemen und Stimmen neuen Einfluss zu verleihen.
Leopardo Yawa Bane ist der Bruder von Txana Bane und Sohn von Siã, dem derzeitigen cacique (Führer) der Huni Kuin. Er ist ein Führer der Gemeinschaft, der sein Leben der Bewahrung traditionellen Wissens, den Rechten und der politischen Repräsentation indigener Menschen, sowie Wiederaufforstungsprogrammen, die Klimawandel eindämmen sollen, verschrieben hat. Er trug zum Ausstellungskatalog mit einem semi-biographischen Text Xina Bena—Eine Brücke zwischen zwei Welten, bei, in dem er seinen Werdegang und politische Kämpfe beschreibt.
Vor den schrecklichen Gewalttaten in Paris, wurden die Huni Kuin gebeten den diesjährigen Global Climate March anzuführen, der vom Hauptschauplatz in Paris um die COP21 ausgehend gleichzeitig in hunderten Orten weltweit initiiert werden sollte. Die Huni Kuin tragen nun ein von Ernesto Neto kreiertes Zeichen, das sich für von Menschen angetriebenen Ansprüchen für den Planeten, der von den Verwüstungen des Klimawandels gerettet warden, und auf dessen Grund jeder Recht auf Essen, Wasser, reine Luft, und ein gesundes Leben haben soll. Es ist dies auch ein Zeichen, dass diese Sorgen und Belange sowohl ihre eigenen als auch planetarisch gültig sind.